Erfolgreiche Exkursion in das Schutzgebiet Spessartwiesen

„Unterwegs mit dem Gebietsbetreuer im Naturschutzgebiet Spessartwiesen“ lautete der Titel der Exkursion, zu der Gebietsbetreuer Christian Salomon im Juli eingeladen hatte. Zu der Veranstaltung kamen trotz anfänglicher Regenschauer rund 20 Teilnehmer in das Aubachtal zwischen Partenstein und Krommenthal. Neben der Vorstellung gebietstypischer Tier- und Pflanzenarten erfuhren die Besucher auch einiges über die „Praxis“ eines Naturschutzgebietes – aus der Sicht von Naturschützern und von Landwirten.

Das Naturschutzgebiet Spessartwiesen beinhaltet etwa 250 Hektar der Talgründe von Lohr, Lohrbach und Aubach sowie kleinere Nebentäler, erläuterte Christian Salomon als Gebietsbetreuer für Grünland im Naturpark Spessart. Es wurde 2001 ausgewiesen, um die „Schönheit und Eigenart der landschaftsprägenden Talwiesen“ zu erhalten, weiterhin die naturnahen Bachläufe und die kulturhistorisch bedeutsamen Reste der Wässerwiesen. Durch die Meldung als FFH-Gebiet Lohrbach- und Aubachtal und damit Teil des Europäischen Schutzgebietssystems Natura2000 kamen wenig später weitere Schutzaspekte hinzu. Das Augenmerk liegt nun auch auf dem Schutz bestimmter Arten und Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie.

 

Ameisenbläuling auf einer Blüte des Großen Wiesenknopfs (Foto: C. Salomon)

Der Wiesen-Ameisenbläuling, eine der sogenannten FFH-Arten des Schutzgebiets Lohrbach- Aubachtal. Der Tagfalter sitzt auf einer Blüte des Großen Wiesenknopfs auf den er in besonderer Weise angewiesen ist.

Zu diesen Lebensraumtypen zählen die Mageren Flachlandmähwiesen. „Auf den ersten Blick vielleicht etwas unspektakulär“, meint Salomon, aber diese Wiesen stecken voller Vielfalt und sind so in anderen Regionen gar nicht mehr zu finden: Mindestens 20 verschiedene Wiesenpflanzen-Arten müssen hier per Definition auf einer 5 mal 5 Meter-Fläche vorkommen. Unüberhörbar ist im Hochsommer das Konzert der Heuschrecken und unübersehbar ist die Vielzahl der Schmetterlinge. Darunter zwei Arten der FFH-Richtlinie: Dunkler und Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling – und die besitzen eine äußerst spannende Biologie: Während ihres wenige Tage dauernden Lebens als eigentlicher Schmetterling dreht sich alles um die Blüten des Großen Wiesenknopfs. Hier saugen sie Nektar, hier paaren sie sich und nur hier legen sie ihre Eier ab. Die schlüpfenden Raupen fressen zunächst an den Wiesenknopf-Blüten, begeben sich danach auf den Boden und locken durch einen Zuckersaft Ameisen an. Diese transportieren die leckeren Fundstücke in ihren Bau. Sind es Rote Knotenameisen, dann haben die Schmetterlingsraupen Glück, denn sie tarnen sich mit dem Duft dieser Ameisenbrut. Statt von den Ameisen gefressen zu werden, werden sie nun gefüttert und beschützt. Die Raupen können sogar ungehindert die Ameisenbrut verspeisen. Schließlich verpuppen sich die Bläulingsraupen, um nach ein oder zwei Jahren als Schmetterling zu schlüpfen.

Dieser Zyklus funktioniert nur, wenn Landwirte auf eine Düngung der Wiesen weitgehend verzichten und so mähen oder beweiden, dass Mitte Juli bis Ende August Wiesenknopfblüten vorhanden sind. Entsprechende Einschränkungen werden im Rahmen des Vertragsnaturschutzes finanziell honoriert. Salomon steht den Bewirtschaftern zudem als Ansprechpartner bei Fragen oder Problemen zur Verfügung. Mit Dirk Steigerwald und Kerstin Müller waren zwei Landwirte zur Exkursion gekommen, die sich gerne an diesem Schutzkonzept beteiligen – und dies zur gegenseitigen Zufriedenheit: Vor wenigen Jahren konnte man Ameisenbläulinge im Raum Partenstein/Krommenthal nur vereinzelt beobachten, mittlerweile haben sich die Vorkommen mindestens verzehnfacht. So waren die geschützten Bläulinge auch auf der Exkursion reichlich zu sehen.

Insgesamt kommen Naturschutz und Landwirte hier sehr gut miteinander aus. „Weil man eben miteinander redet“, meint Schäferin Müller, die plötzlich los muss. Eine Schafherde war ausgebrochen. Salomon erläutert, dass man durch Altgrasstreifen, den kleinräumigen Wechsel von Heuwiesen und Weiden sowie verschiedene Schnittzeitpunkte die Strukturvielfalt im Gebiet erhöhen konnte. Die kulturhistorisch bedeutsamen Rückenwiesenstrukturen mit ihren Grabensystemen seien allerdings schwierig zu erhalten. Als Ersatz für die weitgehend verlandeten Gräben wollen die Naturschutzbehörden im Herbst weitere Kleingewässer anlegen – Lebensraum für Libellen, Grasfrosch, Berg- und Fadenmolch.

 

Zwei Frauen, die sich im Naturschutzgebiet Spessartwiesen engagieren und zwei ihrer Zielarten: Biberkartiererin Berit Arendt mit einem Biber-Präparat und Schäferin Kerstin Müller hinter einem Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Foto: C. Salomon))

Zwei Frauen, die sich im Naturschutzgebiet Spessartwiesen engagieren und zwei ihrer Zielarten: Biberkartiererin Berit Arendt mit einem Biber-Präparat und Schäferin Kerstin Müller hinter einem Wiesenknopf-Ameisenbläuling.

Berit Arendt beschäftigt sich im Gebiet mit deutlich größeren Tieren: Mit Biber und Fischotter. Beides wiederum Schutzgüter der FFH-Richtlinie. Die ehrenamtliche Biberkartiererin und –beraterin hat zur Exkursion zahlreiche Fotos und Präparate mitgebracht. Dass es im Aubachtal wieder Fischotter gibt, ist für die meisten Besucher eine große Überraschung. Auch Arendt hat den scheuen Wasser-Marder bisher nicht live beobachten können. Dafür zeigt sie Kot, den die Otter als Markierungen nutzen und  Bilder aus Fotofallen. Biber sind im Naturschutzgebiet Spessartwiesen dagegen häufig zu beobachten. Ihre Einflüsse auf Gewässer und Landschaft sind mal mehr, mal weniger stark. Setzt ein Biber einen landwirtschaftlich genutzten Wiesenbereich unter Wasser, wird Arendt vom Landratsamt als Fachfrau hinzugezogen, um verträgliche (Kompromiss)Lösungen zu finden. Die Gefahr einer Überbevölkerung durch die Nagetiere sieht Arendt nicht. „Biber haben klare Revierstrukturen“, so die ehrenamtliche Naturschützerin. „Ihre Population ist daher durch das Angebot an geeigneten Revieren  begrenzt“. Den vereinzelten Konflikten stehe ein erheblicher Wert für Natur und Landschaft gegenüber. Durch die Anlage von Stauseen, Biberburgen und die Schaffung von Baumlücken an Fließgewässern schaffen Biber Lebensraum für viele andere Arten.

 

 

Ein Beitrag von Naturpark Spessart

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