Amphibienwanderung beginnt, Bestände sind dramatisch eingebrochen!

Wenn im Frühjahr die Sonne höher steigt, machen sich unsere heimischen Frösche, Kröten und Lurche auf den Weg von ihren Winterquartieren zu ihren Laichgewässern.

Vielfach müssen sie dabei Straßen überqueren. Damit sie dabei nicht unter die Räder kommen, bauen viele fleißige Helfer unter Anleitung der Naturwacht dort temporäre Amphibienzäune auf. Die Tiere werden entlang der Zäune zu eingegrabenen Eimern „geleitet“ und dann durch die engagierten Helfer über die Straße getragen.

In unserem Naturpark hat diese Artenhilfsmaßnahme Tradition. Am Zollhaus Dierberg seit 2004, am Kuhburgsberg nördlich von Neuruppin seit 2001. Selbstverständlich werden die Tiere dabei gezählt. So ist über die Jahre ein hervorragender Datenfundus zur Entwicklung des Amphibienbestandes entstanden.

Erschreckend ist der dramatische Rückgang der Gesamtzahl! Wurden am Kuhburgsberg noch in 2013 mehr als 6000 Tiere erfasst, waren es in 2021 nur noch 41 (Rückgang auf weniger als 1%! innerhalb von nur 8 Jahren).

Waren es am Zollhaus in Dierberg 2013-2015 noch 3000-4000 Tiere, wurden in 2021 gerade mal noch 320 (Rückgang auf ca. 10%) gezählt.

Dramatisch ist u.a. auch der Rückgang der Arten, für die wir entsprechend Fauna-Flora-Habitat- (FFH-) Richtlinie der EU europaweit Verantwortung tragen. So wurde in Dierberg in 2021 nur noch eine! Rotbauchunke (Anhang II-Art) erfasst, während 2011 noch 34 nachgewiesen wurden.

Eine Rotbauchunke (Bombina bombina) im Uferbereich eines Feldsolls. ©Sebastian Hennigs

Nur noch eine! Rotbauchunke (Bombina bombina) wurde im Frühjahr 2021 am Zollhaus in Dierberg erfasst.  ©Sebastian Hennigs

Beim Kammmolch (Anhang II-Art) sank die Zahl von 366 in 2011 auf 11 in 2021.

Kammmolch ©Marko König

Der Bestand der europaweit besonders geschützten Kammmolche ist im Naturpark stark rückläufig.                      © Marko König

Aber auch der Bestand der im Naturpark noch vor 10 Jahren als „Allerweltsarten“ bezeichneter Arten, wie z.B. der Moorfrosch, sind dramatisch eingebrochen: in Dierberg von mehr als 1600 in 2014 auf 15 in 2021; am Kuhburgsberg von mehr als 3600 in 2013 auf 0 (!) in 2021.

Die heimischen Amphibien sind die Verlierer des Klimawandels! Vielfach ganzjährig ausgetrocknete Kleingewässer und Feuchtgebiete schränken den Lebensraum drastisch ein und schließen die Reproduktion gänzlich aus.

Die Naturparkverwaltung versucht bereits seit mehreren Jahren in Zusammenarbeit mit zahlreichen Partnern durch die Revitalisierung von verlandeten Kleingewässern gegenzusteuern. Durch die Entnahme von Sediment werden in Teilbereichen ganzjährig wasserführende Offenwasserflächen geschaffen. Es entstehen so wieder Lebens- und vor allem Reproduktionsmöglichkeiten für Frösche, Kröten und Lurche, aber auch andere wassergebundene Arten. So werden noch in diesem Jahr Butschak’s Pfuhl und die Schafwäsche in der Gemarkung Netzeband Dank eines Förderantrages durch das Amt Temnitz und finanzielle Förderung durch den NaturSchutzFonds Brandenburg revitalisiert. In den zurückliegenden Jahren sind u.a. Kleingewässer bei Buchholz, Großwoltersdorf, an der Alten Kirschallee und am Bürgersee bei Fürstenberg/H., in Neulutterow, in Schönermark und am Rande des Temnitztals bei Rägelin reaktiviert worden.

© Foto: Dr. Mario Schrumpf

In Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsbetrieb NEUGRO aus Großwoltersdorf revitalisiertes Kleingewässer bei Buchholz  © Foto: Dr. Mario Schrumpf

Um den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels auf unsere heimischen Amphibien zu begegnen, ist es überlebensnotwendig, das wenige, noch in der Landschaft vorhandene Wasser zurückzuhalten. So z.B. im Possluch bei Menz im Naturschutzgebiet Stechlin. Alljährlich im Frühjahr finden dort Moorfrösche in den überstauten Wiesen ideale Laichmöglichkeiten. Leider wurde in den zurückliegenden Jahren immer wieder das Wasser durch illegale Öffnung eines Entwässerungsgrabens abgelassen. In der Folge vertrocknete der Froschlaich und der Roofensee wurde zusätzlich durch das eingeleitete, nährstoffreiche Wasser belastet und das alles unmittelbar an der Menzer Dorfbadestelle!

© Foto: Dr. Mario Schrumpf

Nach wie vor wird im Naturschutzgebiet Stechlin über ein Entwässerungsrohr nährstoffreiches Wasser aus dem Possluch in den Roofensee unmittelbar an der Menzer Dorfbadestelle eingeleitet. © Foto: Dr. Mario Schrumpf

Ein großes Dankeschön gebührt den Freiwilligen der Naturwacht, die die RangerInnen in ihrer Freizeit unterstützen und so dazu beitragen, solch wertvolle Datenreihen zu haben, um die Situation wissenschaftlich fundiert bewerten zu können! Leider wird es von Jahr zu Jahr schwieriger, ausreichend Freiwillige zu motivieren, sich für den Schutz unserer heimischen Amphibien zu engagieren. Der oben beschriebene Bestandseinbruch trägt nicht zur Motivation bei.

Hier finden Sie weitere Informationen zum Monitoring der Amphibien durch die Naturwacht.

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