Natur des Jahres 2018
Die Gemeine Skorpionsfliege
(Panorpa communis)
Wer einmal aufmerksam im Sommer auf Wiesen, Lichtungen oder an Waldrändern umherstreift, hat vielleicht schon Bekanntschaft mit ihr gemacht: Die Gemeine Skorpionsfliege fällt einfach auf – zumindest dann, wenn man den Blick für kleinere Pflanzenbewohner schärft. Da wäre zunächst ihr langer, rüsselartiger Kopf, weshalb sie zu den sogenannten Schnabelfliegen gehört. Auffallend sind auch ihre dunkel gefleckten und netzartig geäderten Flügelpaare. Doch namensgebend und wahrlich imposant ist das an einen Skorpionstachel erinnernde Begattungsorgan der Männchen – es handelt sich um eine Art Klammer, um das Weibchen bei der Paarung festzuhalten. Gefährlich ist die kleine Schnabelfliegenart trotz ihres Namens nicht, man kann sich ihr also getrost nähern, um in Ruhe ein Foto zu machen.
Skorpionsfliegen mögen vor allem schattige Bereiche von Gebüschen, Wegrändern und Brennesselstauden. Hier gibt es ihre Leibspeisen in Hülle und Fülle: Aas von Insekten oder Kleintieren, Blütennektar, reife Früchte wie Himbeeren oder Honigtau von Blattläusen. Doch dann gibt es eine Eigenart, die sogar Forscher verblüfft und vor ein Rätsel stellt: Die Gemeine Skorpionsfliege bedient sich mitunter auch der Beute von Spinnen. Dazu fliegt sie die Netze, balanciert auf den Spinnenfäden entlang und frisst vor den Augen der Spinne weg, was dort gefangen ist. Das Kuriose daran: Die Spinne lässt die Skorpionsfliege in Ruhe walten und denkt gar nicht daran, ihre Beute zu verteidigen. Und noch eine weitere Eigenschaft versetzt Naturfreunde und Insektenforscher in Staunen – der komplizierte Liebesakt: Beim Werben um ein Weibchen beginnt das Männchen mit den Flügeln „zu winken“. Zusätzlich verströmt es einen Lockstoff und bietet dem Weibchen eine proteinreiche Gabe aus seinen Speicheldrüsen, an dem es zu fressen beginnt. Je üppiger und häufiger dieses Hochzeitsgeschenk gereicht wird, desto größer ist die Chance bei der Auserwählten zu landen.
Derzeit gilt die Skorpionsfliege als ungefährdet – man findet sie auch zahlreich im Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale. Dennoch ist sie (und ihr besonderes Paarungs- und Nahrungsverhalten) vielen Menschen unbekannt, weshalb sie zum Insekt des Jahres 2018 ausgewählt wurde.
Autor: Susen Reuter
Ein Beitrag von Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale
Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale
Wurzbacher Straße 16
07338 Leutenberg
Telefon
- (+49) 0361/573925090
Faxnummer
- (+49) 0361/573925099