Natur des Jahres 2016
Der Stieglitz
(Carduelis carduelis)
Er ist einer der farbenprächtigsten Singvögel unserer Breiten: Schon von weitem leuchtet seine kräftig rotgefärbte Gesichtsmaske und die gelben Flügelbinden. Sein Schnabel ist elfenbeinfarben, lang und spitz. Damit ist er hervorragend an seine Lieblingsspeise angepasst und kann Samen aus Disteln herauspicken – daher auch sein Spitzname „Distelfink“. Er labt sich auch an vielen weiteren Wildkräutern wie Hirtentäschelkraut, Ampfer, Wegerich, Beifuß und Kornblume, um nur einige zu nennen. Zur Brutzeit vertilgt er mitunter tierische Nahrung, darunter vor allem Blattläuse.
Am Boden mag er eher ungeschickt wirken, dafür ist er ein Meister im Klettern auf Stauden, Büschen und Bäumen. Man kann den geselligen Vogel in großen Trupps beim fliegenden Wechsel von einer Futterquelle zur anderen beobachten. Bereits in den Sommermonaten kommen die Jungvögel und Familien zu Schwärmen zusammen. Nahrungssuche und Schlafen sind bei den Stieglitzen selbstverständlich Gemeinschaftsaufgaben.
So farbenfroh das Gefieder des Stieglitzes schillert, so vielfältig ist sein Gesang. Es wird von einer hohen Singwarte aus vorgetragen und ist während des ganzen Jahres zu hören. Eine Ausnahme bildet die Zeit der Mauser. Der Gesang markiert nicht nur den Bereich des Nestes, er besitzt vor allem eine große Bedeutung im Hinblick auf den Zusammenhalt der Gruppe. Er stärkt die Bindung untereinander.
Zu den bevorzugten Lebensräumen des Stieglitzes zählen Streuobstwiesen mit wildem Unterwuchs und Sträuchern. Man findet ihn auch an Waldrändern, in Feldgehölzen und Heckenlandschaften. Im Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale lässt er sich an vielen Orten beobachten. Allerdings werden Lebensraum und Nahrung des Stieglitzes immer knapper: Die Intensivierung der Landwirtschaft und Bebauung seiner Habitate stellen die größten Gefahren dar – Streuobstwiesen und strukturreiche, wilde Brachflächen verschwinden. Nicht nur die Agrarpolitik muss sich ändern, auch in Siedlungen und Privatgärten muss ein neues Naturbewusstsein erwachsen.
Autor: Susen Reuter
Ein Beitrag von Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale
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