Natur des Jahres 2017
Die Blindschleiche
(Anguis fragilis)
Man könnte sie rein optisch durchaus für eine Schlange halten, jedoch ist die Blindschleiche eine Echsenart – zwar ohne Beine, dafür aber mit anderen echsentypischen Merkmalen: Sie besitzt bewegliche Augenlider (bei Schlangen sind diese verwachsen) und in Gefahrensituationen kann der Schwanz leicht abbrechen. Allerdings wächst er – anders als bei echten Eidechsen – nicht nach, es bildet sich lediglich ein kurzer Stumpf.
Blindschleichen sind keineswegs blind! Sie sehen höchstens etwas schlechter als ihre Artverwandten, da ihre Augen relativ klein sind. Dafür sind die glattschuppigen, glänzenden Echsen perfekt an ihren Lebensraum angepasst: Auf feuchter Erde unter sonnenexponierten Steinen oder einer Felsplatte fühlen sie sich am wohlsten, hier finden sie Wärme, Schutz und Nahrung (kleine Nacktschnecken, Regenwürmer, Asseln, unbehaarte Raupen) zugleich. Einen Großteil ihres Lebens – und das kann sogar bis zu 40 Jahre dauern (!) – verbringen Blindschleichen unterirdisch. Möchte man sie also zu Gesicht bekommen, eignen sich vor allem die Morgen- und Abendstunden, da Blindschleichen in der Dämmerung aktiv sind. Ein vorsichtiges Annähern und Beobachten mit einer gewissen Distanz ist angebracht, denn von der Sonne aufgeheizte Tiere können blitzschnell im Dickicht verschwinden, sobald sie sich gestört fühlen.
Zu den natürlichen Feinden der besonders geschützten Echsenart zählen vor allem Fuchs, Steinmarder, Dachs, Wildschwein oder Greifvögel wie Mäusebussard und Turmfalke. Eine der größten Gefahren jedoch geht von uns Menschen aus: Durch den stetig wachsenden Siedlungs- und Straßenbau droht zunehmend der Verlust ihrer Lebensräume. Aktuell gilt sie in Deutschland als ungefährdet und ist noch relativ flächendeckend zu finden. Auch im Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale kann man mit einem Quäntchen Glück und Geduld Blindschleichen beobachten. Mit der Wahl zum Kriechtier des Jahres 2017 soll insbesondere für naturnahe Gärten mit wilden Ecken geworben werden, in denen auf Tier- und Pflanzengifte verzichtet wird. Dies kommt letztlich nicht nur Blindschleichen, sondern vielen weiteren Gartenbewohnern zu Gute.
Autor: Susen Reuter
Ein Beitrag von Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale
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