Im Naturpark (noch) zu Hause: der Steinkrebs

Steinkrebs

Steinkrebs Austropotamobius torrentium (Foto: Benjamin Waldmann)

Der Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald bietet nicht nur für Menschen eine Heimat, sondern auch für vielerlei Pflanzen- und Tierarten, manche davon sind sehr selten und schützenswert. Der Steinkrebs (Austropotamobius torrentium) ist in den Bächen und Flüssen des Naturparks heimisch und hat hier gute Lebensgrundlagen. Allerdings sind Steinkrebse europaweit durch Veränderungen ihres Lebensraumes und Verdrängung durch invasiven Arten stark betroffen und nun vom Aussterben bedroht. Hier im Naturpark sind noch einige Populationen erhalten.

Der Steinkrebs ist neben dem Dohlenkrebs (Austropotamobius pallipes) und dem Edelkrebs (Astacus astacus) eine von drei in Deutschland heimisch vorkommende Flusskrebsarten. Die beige-graue bis olivgrün-braune Steinkrebse sind ca. 8 bis 10 cm lang und können 10 bis 12 Jahre alt werden. Sie sind dämmerungs- und nachtaktiv und verstecken sich tagsüber in ihren Höhlen, die sie im Ufer eingraben, oder unter Steinen und Wurzeln im Wasser. Steinkrebse sind wahre Allesfresser. Sie ernähren sich von Pflanzen, Insekten, Schnecken und Mollusken, aber auch Aas. Damit sie wachsen können, müssen sie regelmäßig durch Häutung ihren Panzer abstreifen.

Steinkrebse fühlen sich vor allem in strukturreichen, sommerkalten Fließgewässern mit guter Wasserqualität wohl. Sie bevorzugen Bäche mit wechselnder Strömung, vielen Versteckmöglichkeiten wie Steine oder Wurzeln und grabfähigen Uferbereichen. Häufig finden sich solche Bedingungen nur noch in den Oberläufen der Fließgewässer im Wald – wie z.B. im Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald. Daher können Steinkrebs-Vorkommen durchaus ein Indikator für naturnahe Fließgewässer mit guter Wasserqualität sein.

Die Paarung der Steinkrebse findet im Herbst statt. Danach tragen die Weibchen die maximal 60 Eier gut geschützt an der Unterseite ihres Hinterleibs. Flusskrebse sind in der kalten Jahreszeit nur wenig aktiv. Wird das Wasser wärmer, nimmt auch die Aktivität der Flusskrebse zu und die Jungkrebse schlüpfen im Frühsommer aus ihren Eiern. In zwei bis vier Jahren sind die Jungtiere voll ausgewachsen und geschlechtsreif. Steinkrebse bewegen sich in der Regel im direkten Umfeld ihres Versteckes.

Steinkrebs

Signalkrebs Pacifastacus leniusculus (Foto: Benjamin Waldmann)

Der Steinkrebs war noch vor 150 Jahren eine häufige Art der kleinen Fließgewässer und praktisch überall in den Mittelgebirgen Süddeutschlands weit verbreitet. Heutzutage ist er europaweit vom Aussterben bedroht. Deshalb ist er nach der FFH-Richtlinie der EU als prioritäre Art geschützt.  Früher war vor allem der Verlust des Lebensraums durch Eingriffe in Gewässer wie Begradigungen oder harter Sohl- und Uferausbau maßgeblich für die Bestandsrückgänge. Hinzu kamen Gewässerverschmutzungen durch Abwässer und diffuse Einträge von landwirtschaftlichen Nutzflächen, welche dem empfindlichen Steinkrebs weiter zusetzten.

Heute geht die größte Bedrohung für heimische Flusskrebse von invasiven gebietsfremden Flusskrebsarten aus. Diese wurden durch den Menschen in unsere Gewässer eingebracht. Sie sind aggressiver und robuster als die heimischen Flusskrebsarten und vermehren sich schneller. Besonders problematisch für unsere Steinkrebse ist der aus Nordamerika stammende Signalkrebs. Er ist deutlich größer als der Steinkrebs und dringt rasch bis in die Quellregionen der kleinen Fließgewässer vor. Doch damit nicht genug. Invasive Flusskrebsarten wie der Signalkrebs sind häufig Überträger der sogenannten Krebspest (Aphanomyces astaci, ein Eipilz), einer Krankheit, gegen die sie selbst immun sind. Kommen unsere heimischen Flusskrebse wie der Steinkrebs mit der Krebspest in Kontakt, beginnt ein Massensterben welche binnen Wochen ganze Populationen unwiederbringlich auslöschen kann. Die Krebspest wird meist dann übertragen, wenn invasive Krebsarten mit heimischen Arten im Gewässer in Berührung kommen. Doch die Sporen der Krebspest können auch an nasser Kleidung, Angelutensilien oder anderen Tieren anhaften und somit in andere Gewässer „transportiert“ werden – mit fatalen Folgen für die dort lebenden Steinkrebse.

Im Naturpark sind vergleichsweise noch viele, aber meist isolierte Steinkrebspopulationen zu finden. Das Gebiet stellt damit einen der Verbreitungsschwerpunkte des Steinkrebses in Deutschland und Baden-Württemberg dar. In viele Zuflüssen der Murr und den nördlichen Zuflüssen der Rems kommt der Steinkrebs noch vor. Meist sind dabei nur noch die Oberläufe in den Wäldern besiedelt. Diese naturnahen Bäche bieten den Steinkrebsen noch gute Lebensgrundlagen.

Um Steinkrebse zu schützen und ihre letzten Populationen zu erhalten, hat das Regierungspräsidium Stuttgart das Aktionsprogramm Steinkrebs ins Leben gerufen und arbeitet mit 7 Landkreisen zusammen. Das Projekt zielt darauf ab, die Lebensräume für Steinkrebse zu erhalten oder zu verbessern sowie die Ausbreitung des invasiven Signalkrebses möglichst zu verhindern. Auch im Naturpark breitet sich der Signalkrebs rasant aus und hat schon zahlreiche Gewässer besiedelt, obwohl der Besitz, die Zucht, der Handel und das Ausbringen dieser Art inzwischen europaweit verboten ist. Haben sich invasive Flusskrebse wie der Signalkrebs einmal in einem Fließgewässer etabliert, kann dieser Bestand nie wieder vollständig dem Gewässer entnommen werden. Deshalb soll durch den Bau sogenannter Krebssperren nun verhindert werden, dass die Signalkrebse weiter in die Seitengewässer und Oberläufe der Murr, des Kochers und der Rems einwandern und mit den Restpopulationen der Steinkrebse in Kontakt kommen.

Der Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald ist über die Zusammenarbeit mit der Regierungspräsidium Stuttgart in diesem Projekt sehr erfreut. Uns allen muss es ein Anliegen sein, die Artenvielfalt diesen Planeten zu erhalten. Mit dem Aktionsprogramm Steinkrebs machen wir einen kleinen Schritt in dieser Richtung.

Ein Beitrag von Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald

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