Pflanzengesellschaft des Jahres 2020
Der Borstgrasrasen
Diese Pflanzengesellschaft würde es ohne den Menschen nicht geben – erst durch unseren Einfluss entstanden überhaupt Weiden und Wiesen, so auch die Borstgrasweide bzw. der Borstgrasrasen. Namensgebend ist eine besonders auffällige Grasart: das Borstgras, manchmal auch als „Hirschhaar“ bezeichnet. Es wird vom Vieh nur im jungen Zustand gefressen und bildet die charakteristischen dichten Horste aus.
Borstgrasrasen entwickelten sich durch extensive Beweidung unter kompletter Unterlassung von Düngung. Man ließ Rinder, Schafe, Ziegen oder robuste Pferderassen auf den Flächen weiden. Da diese das Borstgras mit seinen harten Halmen und der dichten Struktur gemieden haben, wurde der Lebensraum zusätzlich gefördert: konkurrenzstärkere Pflanzenarten wurden verbissen. Borstgrasrasen – zu finden auf saurem Untergrund in höheren Mittelgebirgslagen oder in den Alpen – waren unrentabel für eine Bewirtschaftung im Sinne der heutigen Intensivlandwirtschaft. Außerdem handelte es sich um niederschlagsreiche Gebiete oder schwer zugängliche Flächen an Hängen – ein Glücksfall für die Entwicklung und Bewahrung dieses Lebensraumtyps!
Durch die sauren Böden im Untergrund sind Borstgrasrasen entsprechend nährstoff- und artenarm. Auf basenreicheren Abschnitten kann es aber durchaus üppig blühen, denn: Borstgrasrasen ist nicht gleich Borstgrasrasen! Was wie ein Zungenbrecher klingt, steht für eine enorme Vielfalt an Ausprägungen. Abgesehen vom dominanten Auftreten des Borstgrases, ist die Artenzusammensetzung solcher Wiesen von Feuchtegrad, Nutzung und Höhenlage abhängig. Typische Arten können sein: die bekannte Heilpflanze Arnika, das Wald-Läusekraut, das Hunds-Veilchen, Gold-Fingerkraut sowie Bärwurz. Auch unter den Insekten gibt es typische Vertreter: Heuschrecken wie Warzenbeißer, Kurzflügelige Beißschrecke, Gefleckte Keulenschrecke, oder Tagfalter wie Komma-Dickkopffalter und Violetter Feuerfalter.
Die traurige Wahrheit: Borstgrasrasen gehören mittlerweile zu den am stärksten gefährdeten Lebensraumtypen Mitteleuropas. Hauptgefährdungen sind Entwässerungsmaßnahmen, das Ausbringen von Düngern und Pestiziden, eine Überweidung oder Nutzungsaufgabe. Zum Großteil sind jedoch zu hohe Nähr- bzw. Schadstoffeinträge (Kalkung, Gülle, Pflanzenschutzmittel) durch intensive Landnutzung für das Verschwinden verantwortlich.
Autor: Susen Reuter
Ein Beitrag von Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale
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