Nachhaltig unterwegs – Reisen mit dem Wohnmobil
Der Trend zum individuellen, naturnahen Reisen wächst – besonders im Reisemobilbereich. Caravaning boomt in allen Facetten, die Verkaufs- und Zulassungszahlen von Reisemobilen verzeichnen seit den letzten 10 Jahren ein starkes Wachstum. Die Caravaning-Übernachtungen erreichen jedes Jahr erneut ein historisches Hoch, und der touristische Umsatz kletterte 2024 auf einen Rekordwert von rund 20 Milliarden Euro.

Naturnahes Camping liegt voll im Trend © tom-allport/unsplash
Interessant ist, dass 85 % der Mobilreisenden Fahrtziele in Deutschland angeben und schöne Landschaften sowie eine intakte Natur entscheidend für die Auswahl sind: über 70 % wollen explizit in die Natur. Dabei sind die Reisemobilisten eine sehr heterogene Zielgruppe: das Institut für Demoskopie Allensbach identifizierte in einer jüngsten Studie neben den „Sparsamen“, „Flexiblen“, „Preisbewussten“, „Passionierten“, „Beständigen“ und „Vollzeitreisemobilisten“ eine relativ neue Zielgruppe der „Entdecker“: mit einem Anteil von 17 % unter den Befragten der Studie sind sie vorrangig mit Kindern auf kürzeren Reisen unterwegs. Gleich hoch ist der Anteil der sogenannten Double-Income-No-Kids-Zielgruppe der „Flexiblen“ – mittelalte Paare, die im Reisemobil Kurzurlaube gerne dort verbringen, wo es nicht so voll ist. Und die nächste Caravaning-Generation der Millennials legt zudem besonderen Wert auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz, den sie für sich beim Caravaning als Reiseform ausfindig gemacht haben.
Aber mal ganz grundsätzlich: Nachhaltigkeit und Reisemobiltourismus – wie passt das eigentlich zusammen? Auf den ersten Blick schlecht: Die Herausforderung bei der steigenden Zahl an Reisemobilen ist nämlich, dass es nur eine unzureichende Anzahl passender Stellplätze gibt. Daraus resultieren viele Probleme wie z.B. die Überfüllung von regulären Parkplätzen, die Belastung sensibler Ökosysteme durch „Wildparken“ und die Schädigung der Natur z.B. durch unsachgemäße Entsorgung. Im schlimmsten Falle kann dies vor Ort auch zu einer Abwehrhaltung der lokalen Verwaltungen und Bevölkerung gegenüber Mobilreisenden führen.

Naturnah gelegene Campingplätze in den Naturparken werden immer beliebter © Pixabay
Eine Studie des unabhängigen Ifeu Institut hat dagegen unlängst ergeben: Caravanreisen sind dann vorteilhaft gegenüber anderen Reiseformen, wenn möglichst kurze Reisedistanzen zurückgelegt werden. Caravanreisen sind in der Regel bei Reisen innerhalb Deutschlands mit geringeren Emissionen verbunden als die Kombination von Pkw und Hotelübernachtungen. Dabei können die höheren Emissionen des Fahrens mit den großen Gefährten durch geringere Übernachtungsemissionen kompensiert werden. Dementsprechend fällt die Einsparung höher aus, je länger die Reise (mehr Übernachtungen) ist bzw. je kürzer die Reisedistanz. Passend dazu: Laut einer neuen Branchenanalyse von CamperDays, Europas größter Buchungsplattform für Wohnmobile, stieg die Nachfrage zuletzt besonders nach kleinen Campern und Kastenwagen, die sich für spontane Mikroabenteuer, Workations oder auch längere Auszeiten anbieten.
All dies spricht dafür, dass sich die Naturparke in Deutschland vom „Setting“ her perfekt für Reisemobilisten eignen. Allerdings wird gerade hier der Caravaning-Tourismus als potenzielle Einnahmequelle und Zielgruppe oft noch zu wenig berücksichtigt. Viele nehmen den Strom der Reisemobiltouristen einfach als „gegeben“ hin und haben bei den Chancen und Potenzialen, die sich daraus ergeben können, einen „blinden Fleck“. Denn der Gästekontakt vor Ort kann sehr gut genutzt werden, um z. B. Informationen direkt am Stellplatz über die Besonderheiten der jeweiligen Naturlandschaft und nachhaltige Naturerlebnis- und Freizeitangebote an die Reisemobilisten weiterzugeben. Vor allem an die vielen Radfahrer und Wanderer unter ihnen: Wandern ist – laut der BTE-Wanderstudie 2024 – auch bei Wohnmobil-Urlaubern eine der wichtigsten Urlaubsaktivitäten. Deswegen tut man gut daran, Wohnmobil-Urlauber direkt am Stellplatz Informationen über Wanderangebote in der Nähe zu machen. Denkbar sind Tourentipps als Printkarten und Flyer mit Link auf digitale Dienste, Infotafeln oder Aushänge am Stellplatz. Der Weg zum Startpunkt wird dabei bevorzugt zu Fuß, mit dem Fahrrad oder ÖPNV überbrückt. Entsprechende Informationen bzw. Transferangebote sollten Bestandteil der Kommunikation sein.

Wunderschöne Aussichten bieten sich beim Camping in den Nationalen Naturlandschaften © marek-piwnicki/unsplash
Wie schön wäre also folgende Vision: Es gibt ein System von klimafreundlichen und nachhaltigen Stellplätzen in den Nationalen Naturlandschaften, die Mobilreisenden einzigartige Erlebnisse in den schönsten Naturlandschaften Deutschlands bieten, gleichzeitig die Natur vor Ort schützen und die regionale Wertschöpfung erhöhen.
Um diese Vision zu verwirklichen, haben die beiden Dachverbände VDN e. V. und NNL e. V. unlängst ein Kooperationsprojekt mit dem CIVD (Caravaning Industrie Verband) gestartet. In diesem Projekt arbeiten zehn Modellregionen (Biosphärenreservat Schaalsee, Naturpark Hümmling, Naturpark Bourtanger Moor, Naturpark Habichtswald, Naturpark Reinhardswald, Naturpark Hessischer Spessart, Nationalpark Hunsrück-Hochwald, Biosphärenreservat/Naturpark Hessische Rhön, Biosphärenreservat Thüringer Wald, Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale und Naturpark Fränkische Schweiz) mit Unterstützung der Fachexpertise des CIVD daran, die Potenziale bestehender Strukturen zu nutzen und niedrigschwellige, nachhaltige Angebote zu ermöglichen. Ziel ist es, gemeinsam einen positiven Beitrag zur nachhaltigen Regionalentwicklung zu leisten, lokale Anbieter zu fördern und gleichzeitig die Wertschätzung für die biologische Vielfalt zu steigern. Dabei hat jedes Modellgebiet einen etwas anderen Fokus: Die einen benötigen eine ganz konkrete Beratung darüber, wie sie Stellplätze vor Ort nachhaltiger gestalten können, die anderen möchten ihre Naturpark- und Nationalpark-Partner über das Thema Caravaning zusammenbringen. Bei den meisten geht es aber auch um das große Thema, wie sich das Schutzgebiet und seine Angebote an den Stellplätzen kommunizieren lassen. Eine übergreifende Idee des Projekts ist es darüber hinaus, die Verfügbarkeit von Stellplätzen in den NNL digital zu erfassen und zu kommunizieren, um Mobilreisende im Idealfall bereits vorab zu informieren und naturverträglich zu lenken.
Tipps für Naturbegeisterte und ein Begleiter für unvergessliche, nachhaltige und umweltfreundliche Naturerlebnisse finden Sie im Outdoorcompass. Wegweiser für ein bewusstes Miteinander (2025, CIVD in Kooperation mit Nationale Naturlandschaften, Deutscher Wanderverband, Ecocamping).
Ein Beitrag von Verband Deutscher Naturparke
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