„Steinalte“ Fledermaus im Naturpark entdeckt

März 2021

Ein Beitrag von Bianca Stapelfeld

 

Wer möchte nicht gern seine Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Enkelchen aufwachsen sehen? Eine Fledermaus aus dem Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide kann das – zumindest theoretisch.

Das Streben nach einem langen Leben, in dem man seine Kinder und Enkelkinder aufwachsen sieht und sie hingabevoll großzieht, können wir im Herzen der meisten Menschen finden. Entstammt diese romantische Vorstellung jedoch allein unserem menschlichen Wesen oder vielleicht doch einem biologischem Prinzip, welches tief in uns verwurzelt ist?

In der Regel kann man beobachten, dass kleine Säugetiere wie z.B. Mäuse oder Hamster nur eine kurze Lebensdauer haben und in dieser Zeit versuchen, möglichst schnell viel Nachwuchs zu produzieren. Tiere mit dieser Fortpflanzungsstrategie zählen zu den r-Strategen (r von Reproduktionsrate). Große Säugetiere hingegen, wie z.B. Bären oder auch Menschen, haben eine viel längere Lebensdauer, produzieren weniger Nachkommen, stecken aber mehr Zeit und Energie in ihren Nachwuchs, um dessen Überlebenschancen zu verbessern. Tiere mit dieser Lebensweise sind sogenannte k-Strategen (k von Kapazität).

Ausnahmen bestätigen aber bekannterweise die Regel – so gibt es auch bei dieser Regel wenige Ausnahmen. Eine Ausnahme ist die Artengruppe der Fledermäuse. Fledermäuse werden durch ihre geringe Körpergröße und kryptische Lebensweise schnell unterschätzt oder geraten aus dem Fokus. Als einzige Säugetiere, die den aktiven Flug beherrschen, machen sie ca. 20% aller bekannten Säugetierarten aus. Im Rahmen des Fledermausforschungsprojektes Wooster Teerofen, welches in den 80er Jahren von den Brüdern Christoph und Johannes Treß initiiert wurde, werden in den Waldgebieten um Wooster Teerofen seit über 30 Jahren Fledermäuse verschiedenster Arten beringt.

 

Erstaunliche Erkenntnisse aus der Forschung

Kürzliche Auswertungen dieser Daten konnten den Fledermäusen des Naturparks erstaunliche Geheimnisse entlocken. Unter den mittlerweile fast 3000 Fransenfledermäusen (Myotis nattereri), die im hier im Naturpark beringt wurden, konnten wir ein Weibchen entdecken, welches ein Alter von 20 Jahren erreichte! Das Weibchen mit der Ringnummer B20246 wurde 1998 als Jungtier am Paschensee beringt. Bis 2009 tauchte es unter, konnte aber seit 2010 bis 2018 regelmäßig wieder gefangen werden. Seit 2018 gibt es keine Spur mehr von  B20246. Die große Zeitspanne, in der das Weibchen nach seiner Beringung nicht gesichtet wurde, gibt aber Hoffnung, dass wir das Weibchen vielleicht doch nochmal wieder sehen. Neben B20246 sind noch viele weitere altersstarke Fransenfledermäuse mit einem nachweislichen Alter bis mindestens 15 Jahren in den Wäldern des Naturparks unterwegs. Das höchste Alter, das bei einer Fledermaus bisher beobachtet wurde, waren mindestens 41 Jahre.

 

19 Generationen

Eine große Lebensspanne im Verhältnis zur Körpergröße ist eines von vielen außergewöhnlichen Merkmalen der Fledermäuse. Die meisten Fledermausarten Deutschlands bekommen nur ein Jungtier pro Jahr. Junge Fledermäuse können nach ihrem ersten Winter im Alter von einem Jahr ihr erstes Jungtier bekommen. Häufig wird aber beobachtet, dass junge Weibchen sich erst nach ihrem zweiten Winter vermehren. Dann sind sie älter und erfahrener, um ihre Überlebenschancen und die ihres des Jungtieres zu verbessern. Bei einer solch langen Generationsdauer ist eine ebenfalls lange Lebensdauer äußerst wichtig, um für genügend Nachkommen zu sorgen und die Population damit stabil zu halten. Unsere Fransenfledermaus B20246 könnte theoretisch 19 Nachkommen und somit 19 Generationen gezeugt haben!

Bei Fransenfledermäusen bleiben Großmütter, Mütter und Töchter oft ein Leben lang in enger Beziehung. Bricht eine Fledermauspopulation ein, dauert es sehr lange, bis sie sich erholt. Deshalb ist es wichtig, die natürlichen Fledermaus-Quartiere zu erhalten. Im Wald sind das besonders alte Bäume mit Spechthöhlen und Rissen. Dagegen sind großflächige, junge Monokulturen im Wald eher ungünstig als Lebensraum. Auch Gebäudesanierungen sind oft der Grund für den Wegfall eines Fledermausquartiers. Dabei stellen Fledermäuse, die sich z.B. in der Hausfassade einquartiert haben, normalerweise keine Bedrohung für Gesundheit oder Haus dar. Man kann diese faszinierenden Tiere auch unterstützen, indem man spezielle Fledermauskästen am Haus oder im Garten aufhängt – hoch genug, dass die Fledermäuse nicht von Katzen abgefangen werden können.

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Bei vielen Fledermäusen nicht ganz einfach, die Art zu erkennen. In den besonderen Momenten, in denen man zwei Arten so dicht beieinander beobachten kann, werden die Unterschiede jedoch deutlicher. Erkennungsmerkmale können z.B. die Größe und Form der Ohren oder die Fellfärbung sein, wie bei diesen beiden im Naturpark heimischen Arten: Fransenfledermaus (Myotis nattereri, oben) und Wasserfledermaus (Myotis daubentonii, unten).                         Bild: Bianca Stapelfeld

 

 

 

Ein Beitrag von Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide

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