Die heimlichen Bunkerbewohner von Bossow

März 2023
Ein Beitrag von Bjarne Riesbeck (Förderverein Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide e.V.)

Die Frühblüher sprießen, die Zugvögel kehren zurück und auch die Bewohner der Bossower Bunker erwachen nun nach und nach aus der Winterruhe. Moment, Bunkerbewohner? Genau, denn nur scheinbar ist dort alles verlassen. Tatsächlich haben sich die aufwändig umgebauten und gesicherten Bunker zu einem wichtigen Zufluchtsort entwickelt. Nun stellt sich allerdings die Frage – Wer genau überwintert denn dort?

Einer der zu Fledermaus-Winterquartieren umgebauten Bunker in Bossow. Foto: Bjarne Riesbeck

Braunes Langohr (Plecotus auritus)

Diese Fledermaus ist eine Waldbewohnerin, die geschickt zwischen den Bäumen jagt und ebenso wie Falken oder Kolibris zum Rüttelflug fähig ist. Im Winterschlaf klappt sie ihre Ohren unter die Arme, um sie vor Frostbrand zu schützen. Ihre Ohrdeckel ragen dann wie ein zweites, kleineres Paar Ohren hervor. Diese Art ist besonders friedliebend und verteidigt sich bei Untersuchungen ungewöhnlich selten durch Bisse.

Ein Braunes Langohr im Winterquartier, die Ohren sind unter die Arme geklappt. Foto: Bjarne Riesbeck

Fransenfledermaus (Myotis nattereri)

Ihren Namen verdankt sie den Fransen an ihrer Schwanzflughaut, mit der sie ihre Beute direkt vom Substrat keschert. So fängt sie Spinnen aus ihren Netzen oder sammelt Insekten von Blättern, um sie später zu verzehren. Während des Fluges frisst sie selten, da sie in solchen Momenten nicht echo-orten kann und somit „blind“ ist. Bereits ab einer Temperatur von 8-10 °C findet sie Nahrung und ist auch in milden Winternächten aktiv, um ihre Fettreserven für Kälteperioden aufzustocken. Im Naturpark wurden schon über 20 Jahre alte Individuen gefunden.

Eine Fransenfledermaus im Winterquartier, sogar bei niedrigen Temperaturen ist sie aktiv. Foto: Bjarne Riesbeck

Wasserfledermaus (Myotis daubentonii)

Diese Art liebt feuchte und kühle Winterquartiere. In Sommernächten fängt sie schlüpfende Mücken direkt von der Wasseroberfläche – daher ihr deutscher Name. Gelegentlich erbeutet sie mit ihren außergewöhnlich großen Füßen sogar kleine Fische. Sie ist besonders stark von der zunehmenden Lichtverschmutzung betroffen, da künstliche Beleuchtung die Auswahl an Quartieren und Jagdrevieren verringert.

Eine Wasserfledermaus im Winterquartier, sie mag es besonders kalt. Foto: Bjarne Riesbeck

Großes Mausohr (Myotis myotis)

Mit einer Flügelspannweite von bis zu 43 cm die größte der 25 in Deutschland heimischen Fledermausarten. Sie jagt im Tiefflug, um große Insekten wie Laufkäfer vom Waldboden aufzulesen. Auch Spinnen und Hundertfüßer gehören zu ihrem Nahrungsspektrum. Den Sommer verbringt diese Art oft in Kirchtürmen, wo auch die Jungtiere geboren und gesäugt werden. Die nächtliche Bestrahlung dieser Türme mit Scheinwerfern sorgt immer häufiger für Probleme. Sie wurde zum Höhlentier des Jahres 2011 gewählt.

Große Mausohren im Winterquartier, wahre Giganten im Vergleich zu den anderen Arten. Foto: Bjarne Riesbeck

Zwergfledermäuse (Pipistrellus spec)

Wie der Name vermuten lässt, sind sie die kleinsten einheimischen Fledermäuse. Im Winterquartier finden sie sich gerne in Gruppen zusammen. Da ihre Sozialrufe sogar für menschliche Ohren hörbar sind, können die Quartiere der Kolonien im Sommer leichter entdeckt werden. Diese Kulturfolger kommen tagsüber in Dachstühlen oder Fassaden unter. In städtischen Parks können sie hervorragend bei ihren abendlichen Jagdmanövern beobachtet werden. Jede von ihnen fängt pro Nacht ca. 1000 – 2000 Mücken, um den täglichen Energiebedarf zu decken.

Zwergfledermäuse im Winterquartier, sie sind zu jeder Jahreszeit gesellig. Foto: Bjarne Riesbeck

Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus)

Die namensgebenden breiten Flügel machen sie zu einer besonders wendigen Fliegerin. Sie jagt oft in Gruppen und knackt mit ihrem kräftigen Gebiss sogar Maikäfer. Das Jagdrevier dieser ortstreuen Art umfasst Waldränder, Wiesen, einzelne große Bäume oder Gewässer. Die Sommerquartiere wechselt sie besonders regelmäßig, allerdings nur sehr kleinräumig. Dadurch kann der Ausbreitung von Krankheiten sowie Parasitenbefall vorgebeugt werden.

Eine Breitflügelfledermaus im Winterquartier, auf den ersten Blick erscheint sie wie eine riesige Zwergfledermaus. Foto: Bjarne Riesbeck

Tagpfauenauge (Aglais io)

Nicht nur Fledermäuse, sondern auch diese Tagfalter überwintern zu Hunderten in den Bunkern. Mit aneinandergelegten Flügeln tarnen sie sich als dürres Blatt. Bei drohender Gefahr werden jedoch die großen Augenflecken auf der Oberseite präsentiert, um Fressfeinde abzuschrecken. Die Männchen tragen Revierkämpfe aus, bei denen sie sich einen Wettkampf der Manövrierfähigkeit liefern. Es gibt eine Sommer- und eine Wintergeneration. Als Nahrung für die Raupen dienen Brennnesseln.

Zwei Tagpfauenaugen überwintern in einem Bunker, eines fühlt sich bedroht. Foto: Bjarne Riesbeck

Zackeneule (Scoliopteryx libatrix)

Auch diese Nachtfalter sind hier im Winter häufig anzutreffen. Es gibt ebenfalls zwei Generationen, eine fliegt lediglich von Juni bis Juli und eine von August bis Juni. Sie bewohnen Laubwälder, Gewässerufer, Moore und Sümpfe. Dort tarnen sie sich tagsüber an Baumrinde. Als Nahrung dienen Früchte wie Brombeeren, welche ausgesaugt werden.

Eine von Tautropfen überzogene Zackeneule überwintert in einem Bunker. Foto: Bjarne Riesbeck

Sommergäste wie der Große Abendsegler (Nyctalus noctula) oder die Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) ziehen anders als die oben genannten Fledermausarten jedes Jahr nach Süd- oder Westeuropa, um dort den deutlich milderen Winter zu verbringen. Im Frühjahr kehren sie dann in die Nossentiner/Schwinzer Heide zurück. Dieses Verhalten ähnelt dem von Zugvögeln. Gelegentlich werden einzelne Rauhautfledermäuse jedoch auch in den Bunkern angetroffen.

 

Alte Bunker oder auch Keller erscheinen im Winter folglich nur auf den ersten Blick verlassen – schaut man allerdings mal genauer hin, stecken sie voller Leben.

Ein Beitrag von Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide

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One thought on “Die heimlichen Bunkerbewohner von Bossow

  1. 1

    Sehr interessanter Artikel und sehr anschaulich geschrieben

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