NABU Neuruppin baut Nisthilfen für Eisvögel

Unzählige Fließgewässer sind im Naturpark in der Vergangenheit durch Begradigung umgestaltet worden. In den meist durch Stauwehre regulierten Fließstrecken können kaum eigendynamische Prozesse zur Bildung von Gewässerstrukturen stattfinden. Oftmals fehlen auch Bäume und Sträucher an den Gewässerufern. Mit den menschlichen Veränderungen der Gewässer ging der Verlust von Lebensräumen für Tier- und Pflanzenarten einher.

Betroffen vom Lebensraumverlust ist auch der Eisvogel (Alcedo atthis), der seine Bruthöhlen bevorzugt in Steilwänden am Gewässer anlegt und überhängende Äste als Sitzwarten für die Fischjagd nutzt.

Eisvogel (Alcedo atthis) Männchen an der Nisthilfe vor Fütterung der Nestjungen ©Dirk Geißler

Eisvogel (Alcedo atthis) Männchen an der Nisthilfe vor Fütterung der Nestjungen ©Dirk Geißler

Erfreulicherweise hat sich in den letzten Jahren der Eisvogelbestand auch infolge milder Winter stabilisiert, so dass insbesondere fehlende Bruthabitate die Bestandsentwicklung limitieren. Ein Eisvogelrevier umfasst je nach Nahrungsangebot etwas zwischen 1000 bis 4000 m Gewässerlänge und wird erbittert gegen eindringende Artgenossen verteidigt.

Deshalb weicht der Eisvogel auf suboptimale Standorte aus, wobei z.B. Wurzelteller von umgestürzten Bäumen zur Anlage von Bruthöhlen genutzt werden. Diese Standorte sind meist weniger gegen Fressfeinde (Prädatoren) wie Waschbär, Fuchs und Marder geschützt, so dass es vorkommt, dass ganze Gelege zerstört werden und der notwendige Bruterfolg ausbleibt.

Die stabilen Bestände des Eisvogels als Charaktervogels intakter Fließgewässer täuschen und rückten den „Fliegenden Edelstein“ zwangsläufig nicht in den Fokus verstärkter Schutzbestrebungen.

Oftmals wird dabei aber vergessen, das bereits kalte Winter mit vereisten Gewässern, wie in diesem Jahr, den Eisvogelbestand insbesondere bei einjährigen Tieren um 70 bis 80 % dezimieren können.

Um dem Eisvogel vor Gelegeverlust zu schützen und zusätzliche sichere Brutmöglichkeiten anzubieten wurde der NABU Kreisverband Neuruppin e.V. vom Naturpark im Rahmen des Programms Vertragsnaturschutz beauftragt, 5 Nisthilfen für Eisvögel an strukturarmen Gewässern in Wäldern zu errichten.

Dazu wurde eine ohne großen Aufwand zu errichtende Bauform einer solchen Nisthilfe entwickelt. Das Herzstück dieser Nisthilfe sind die im Innern eines umschließenden Rahmens vollständig mit Sand bedeckten kommerziellen Holzbeton-Brutröhren. Da Eisvögel bei zwei bis drei Bruten im Jahr auch häufig sog. Schachtelbruten durchführen, ist es sinnvoll gleich zwei dieser Brutröhren in einem Kasten zu installieren.

Künstliche Brutröhren aus Holzbeton für den Eisvogel im Innern des Kastens ©Dirk Geißler

Künstliche Brutröhren aus Holzbeton für den Eisvogel im Innern des Kastens ©Dirk Geißler

Außen sichtbar ist eine mit Lehm verkleidete Anflugplatte, die einen Steilhang nachempfunden wurde. Mit den örtlich vorgefundenen Materialien wird der Kasten  für den scheuen Vogel zum Abschluss der Umgebung optimal angepasst.

Zum  Aufstellen eines Nistkastens benötigen zwei Arbeitskräfte durchschnittlich etwa 4 Stunden Zeit. Dabei sind ein halber Kubikmeter Sand  zum Befüllen des  Rahmens per Hand zu bewegen. Weitere 4 Stunden Arbeitszeit sollten für die Vorbereitung des Grundgerüstes und die Anflugplatte eingeplant werden.

In diesem Jahr kam erschwerend die Auswirkungen der Pandemie hinzu. Zum einen war es wegen geschlossener Baufachmärkte schwierig Baumaterial zu erwerben. Andererseits  standen wegen der Kontaktbeschränkungen nur wenige Helfer zur Verfügung.

Trotzdem konnte rechtzeitig zu Beginn der Brutperiode des Eisvogels Ende März die letzte der insgesamt 5 Nisthilfen fertiggestellt werden.

Nisthilfe für Eisvögel im Endzustand ©Dirk Geißler

Nisthilfe für Eisvögel im Endzustand ©Dirk Geißler

Dabei wurden insgesamt 4 Nisthilfen im Raum Kagar bzw. eine bei Rheinsberg aufgestellt. Jetzt heißt es abzuwarten, ob die Eisvögel das Angebot annehmen.

Mit etwas Glück können dann die ersten Jungvögel nach ca. 51 Tagen Brut und Aufzucht durch die Elterntiere, wie im abschließenden Bild zu sehen, beobachtet werden.

Allen Helfern und Unterstützern des Projektes wäre dies sicherlich der schönste Dank.

 

Dirk Geißler

Junger Eisvogel wenige Tage nach dem Verlassen der Brutröhre erkennbar am relativ kurzen Schnabel (helle Schnabelspitze) und den braunen Füßen ©Dirk Geißler

Junger Eisvogel wenige Tage nach dem Verlassen der Brutröhre erkennbar am relativ kurzen
Schnabel (helle Schnabelspitze) und den braunen Füßen ©Dirk Geißler

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